( (   (  w o c h e   d e s   h ö r s p i e l s  )   ) )  #14
 AKADEMIE DER KÜNSTE 12.11.-17.11.2000
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HUGO BALL
                        . Literatur-Tipps

Hugo Ball (1886 - 1927) wächst in seiner rheinpfälzischen Geburtsstadt Pirmasens auf
und veröffentlicht als Schüler erste Gedichte. Er studiert 1906-10 Germanistik, Geschichte
und Philosophie in München und Heidelberg, beendet ein Dissertationsprojekt über
Nietzsche, der seine Anfänge prägt, geht ins Theatermilieu und lebt seitdem im Konflikt
mit seiner Familie.

                          Berlin, Plauen, München

Mit ersten Theaterstücken im Gepäck kommt er 1910/11 zum Regiestudium an die Schauspielschule des Deutschen Theaters nach Berlin, bringt bei Rowohlt als erste Buchpublikation sein Stück "Die Nase des Michelangelo" heraus, beginnt in der Spielzeit 1911/12 als Regisseur und Dramaturg am Stadttheater Plauen und ist 1912-14 erster Dramaturg im 'Münchener Lustspielhaus', das ihm seine prestigeträchtige Umbenennung in 'Münchener Kammerspiele' verdankt.
Er konzentriert sich im Spielplan auf zeitgenössische Dramatik, lebt in Schwabing unter der jungen Künstlerboheme, publiziert Lyrik und kritische Prosa in expressionistischen Zeitschriften und arbeitet mit Kandinsky an Plänen für ein avantgardistisches Theaterkonzept.
Anarchismus
Der ästhetische Anarchismus, der sich in diesen Schwabinger Vorkriegsjahren entwickelt,
politisiert sich bald nach dem Kriegsausbruch 1914. Als Kriegsfreiwilliger abgewiesen,
besucht er frontnahe Orte in Lothringen und behält nachhaltige Eindrücke von Opfern und
Verwüstungen. Als Journalist in Berlin beginnt er im ersten Kriegswinter mit dem Studium
des historischen Anarchismus und schreibt seitdem an einem bizarren Roman, den er 1920
unter dem Titel "Tenderenda der Phantast" abschließt. Gemeinsam mit seinem Freund
Richard Huelsenbeck organisiert er provokative Soireen und erklärt in einem
'literarischen Manifest': "Wir wollen: Aufreizen, umwerfen, bluffen, triezen, zu Tode kitzeln,
wirr, ohne Zusammenhang, Draufgänger und Negationisten sein".
Emigration 
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Er plant, über die Schweiz nach Rußland und Frankreich zu emigrieren und schreibt aus Berlin: "Aber es wird wohl erst nach dem Kriege möglich sein. Bis dahin will ich mir eine gründliche Kenntnis Berlins und alles Deutschen angeeignet haben. Ich bin auf sehr großen Umwegen hierhergekommen. Aber ich fühle mich nun mitten im Mittelpunkt."
Ende Mai 1915 emigriert Ball mit der Lyrikerin und Chansonette Emmy Hennings nach Zürich, wo beide in extremer Notlage leben. Nach einigen Monaten erreicht ihn dort die Einberufung, die er vernichtet. Erstmals kann er sich ohne Zensur zum Thema der deutschen Kriegsschuld äußern, das seine politische Publizistik in den folgenden Jahren bestimmt. Er kommt in Kontakt zur syndikalistischen Arbeiterbewegung im Kreis um Fritz Brupbacher.
    Romancier und Varieté-Künstler
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Mit seiner späteren Frau  arbeitet er seit Oktober 1915 als Varietékünstler, zunächst
im 'Maxim'-Ensemble von Ernst Michel (genannt Flamingo), den er 1916 in seinem Roman
"Flametti oder Vom Dandysmus der Armen" portraitiert, der 1918 im Erich Reiss Verlag
erscheint. Er spielt als Pianist, schreibt Varieté-Szenarien und geht Anfang 1916 mit einem
eigenen 'Arabella'-Ensemble auf Tournee.  Im Februar 1916 gründet er in der Zürcher
Spiegelgasse 1 als "Künstler-Kneipe" das 'Cabaret Voltaire', das er gemeinsam mit Hans Arp,
Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Tristan Tzara zur Geburtsstätte des Dadaismus macht,
dessen dramaturgischerKopf er ist.. Dort rezitiert er die ersten Lautgedichte und
schreibt im Sommer "Das erste dadaistische Manifest': "Das Wort will ich haben, wo es aufhört
und wo es anfängt. Dada ist das Herz der Worte".- Von März bis Mai 1917 betreibt er in der
Bahnhofstaße die 'Galerie Dada' und veranstaltet auch dort avantgardistische Performances.
Danach wendet er sich von der Dada-Bewegung ab, setzt seine Arbeit an einem Brevier aus
Bakunins Schriften fort und konzentriert seine schriftstelletrische Tätigkeit auf kritische Projekte.
 
Publizist und Kritiker
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Vom Herbst 1917 bis zum März 1920 lebt er als kriegsgegnerischer Publizist in Bern, wo er Ernst Bloch und Walter Benjamin kennenlernt. Er wird dort Redakteur des deutschen Emigrantenblattes "Die Freie Zeitung" und veröffentlicht 1919 sein kulturkritisches Werk "Zur Kritik der deutschen Intelligenz". Nach ersten Reisen durch das Deutschland der Revolutionsjahre verstärkt sich bei ihm der Eindruck, daß die Restauration und der erwachende Rechtsradikalismus auf Dauer die Oberhand behalten werden.
Katholizismus
"Das Zeitalter der Katakomben scheint wieder anzubrechen", schreibt Ball 1920 an einen anarchistischen Freund und revertiert zum Katholizismus, den er als Widerstands-Tradition erneuert sehen will. Für seine Entwürfe in den folgenden Jahren wird ein vertieftes Studium der Psychoanalyse entscheidend.
Vom August 1920 bis zu seinem Tod lebt er mit seiner Frau Emmy Ball-Hennings vor allem im Tessin, zeitweilig auch in München und Italien. Dort entstehen seine letzten Bücher "Byzantisches Christentum", "Die Folgen der Reformation", ein persönliches Zeitpanorama der Jahre 1913-21 unter dem Titel "Die Flucht aus der Zeit" und die erste Biographie seines neuen Freundes Hermann Hesse.
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